Apple hat kürzlich ein Verpflichtungsangebot veröffentlicht, das den NFC-Zugang auf iOS-Geräten für Drittanbieter in Zukunft öffnen könnte. Diese Entscheidung, die als Reaktion auf die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Europäischen Kommission erfolgte, bietet Drittanbietern, insbesondere Banken und Zahlungsdienstleistern, die Chance ihre eigenen Apps auf iOS-Geräten auszubauen und ihren Kunden das Bezahlen über diese zu ermöglichen.
Der Kern des Konflikts
Derzeit ist Apple Pay in Europa die einzige mobile Geldbörse, die Zugriff auf Apples NFC-Technologie hat. Dies ist die am weitesten verbreitete und akzeptierte Option für kontaktlose Zahlungen am Point-of-Sale (POS). Die Europäische Kommission sah darin einen potenziellen Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrichtlinien, da Apple somit seine Marktmacht innerhalb der EU ausnutzen und den Wettbewerb verhindern kann.
Apples Lösung
Um die Bedenken auszuräumen, hat Apple, gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, eine Reihe von Verpflichtungen angeboten:
- Öffnung des NFC-Zugangs: Drittanbieter von mobilen Geldbörsen und Zahlungsdienstenkönnen kostenlos auf die NFC-Funktion von iOS-Geräten zugreifen.
- Gleichberechtigung: Alle Entwickler im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und Nutzer mit einer im EWR registrierten Apple-ID profitieren von dieser Änderung.
- Erweiterte Funktionen: Apple plant zusätzliche Funktionen wie bevorzugte Zahlungs-Apps und Zugang zu Authentifizierungsfunktionen bereitzustellen.
- Drittanbieterlösung ohne Unterdrückung: Drittanbietern sollen ihre Bezahllösungen als App ohne Überlagerung durch Apple Pay gestalten können. In der Schweiz kam es bereits zu einem Rechtsstreit mit TWINT aufgrund von automatischer Überlagerung der eigenen App durch Apple Pay.
- Transparente Kriterien: Apple verpflichtet sich, faire und diskriminierungsfreie Kriterien für die Gewährung des NFC-Zugangs anzuwenden.
- Streitbeilegungsmechanismus: Ein unabhängiger Mechanismus wird eingerichtet, um Entscheidungen von Apple zur Verweigerung des NFC-Zugangs zu überprüfen.
Diese Verpflichtungen sind für zehn Jahre gültig und sollen von einem unabhängigen Überwachungstreuhänder, der regelmäßig Bericht erstattet, kontrolliert werden. Im weiteren Verlauf werden alle betroffenen Marktteilnehmer dazu aufgefordert innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des Verpflichtungsangebots Stellung zu nehmen und eine Rückmeldung über die Wirksamkeit und Vorschläge zur Verbesserung zu geben. Daraufhin wird die Europäische Kommission diese prüfen und bewerten, damit die Interessen aller Parteien berücksichtigt werden können. Danach wird der Wortlaut auf der Website der Europäischen Kommission veröffentlicht, um öffentliche Meinungen einzuholen. Erst nach Evaluierung und Berücksichtigung der Stellungnahmen trifft die Kommission eine endgültige Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Verpflichtungsangebots von Apple.
Die Auswirkungen auf den Markt
Eine Öffnung des NFC-Zugangs von Apple hätte das Potenzial den Markt für mobile Zahlungen durch die Integration eigener Apps der Zahlungsdienstleister auf iOS-Geräten und den dadurch entstehenden Wettbewerb aktiv neu zu gestalten. Mit dieser Entscheidung könnte ein offenerer, wettbewerbsfähigerer Markt entstehen, der Innovationen fördert und den Verbrauchern mehr Auswahl bietet.
Für Anbieter von Mobile Payment Lösungen würde eine Öffnung von Apples NFC-Zugang mehrere Chancen bieten:
Markterweiterung: Zahlungsdienstleister haben damit Zugang zu einer breiteren Kundenbasis, da iOS-Geräte einen signifikanten Marktanteil haben.
Innovationsförderung: Durch eine höhere Anzahl an Marktteilnehmern und Wettbewerbsdruck ermöglicht die Öffnung der NFC-Schnittstelle innovative und kundenspezifische Zahlungslösungen zu entwickeln und einzuführen.
Stärkung der Wettbewerbsposition: Anwendungen von Zahlungsdienstleistern können durch den gleichberechtigten Zugang zum NFC-System von Apple nun erstmals mit Apple Pay konkurieren.
Integration in das iOS-Ökosystem: Zahlungsdienstleister können ihre Dienste besser in das Apple-Ökosystem integrieren und so die Benutzerfreundlichkeit ihrer Apps steigern.
Markenpräsenz: Durch die Präsenz auf iOS-Geräten können Zahlungsdienstleister ihre Markensichtbarkeit und -wahrnehmung verbessern.
Diese Faktoren haben das Potenzial, dass Zahlungsdienstleister ihre Position im Markt stärken und neue Wachstumsmöglichkeiten erschließen können.
Herausforderungen für Zahlungsdienstleister
Nur wenn Kunden bereit sind sich von ihren Gewohnheiten und Apple Pay zu lösen sowie den zusätzlichen Aufwand eines Wechsels in Kauf zu nehmen, würde die Öffnung des NFC-Zugangs durch Apple signifikante Veränderungen auf dem Markt für mobile Zahlungen bewirken. Da Apple Pay allerdings eine stark etablierte und bei iOS-Kunden beliebte und einfache Bezahllösung ist, wird es für andere Zahlungsdienstleister zur Herausforderung ihre eigenen Apps und Lösungen dagegen durchzusetzen. Apple Pay Nutzer müssten von der eigenen Lösung überzeugt werden und den Aufwand des Wechsels zu einer neuen Bezahlanwendung akzeptieren. Um diese Herausforderungen zu meistern, erfordert es eine durchdachte Strategie, Herangehensweise und Incentivierung.
Fazit
Eine zukünftige Öffnung des NFC-Zugang bei Apple Produkten, eröffnet Potenziale im Mobile Payment von denen Verbraucher und sowohl Unternehmen am POS als auch Zahlungsdienstleister profitieren könnten.
Banken und Zahlungsdienstleister stehen jetzt vor der Entscheidung, die eigene App mit einer Kartenintegration auf iOS-Geräten zu erweitern oder die bereits etablierte und beliebte Apple Pay-Lösung weiterhin zu nutzen. Es können aber auch beide Optionen zugleich verfolgt werden und sowohl Apple Pay als auch eine eigene Lösung angeboten werden. Für diese Entscheidung benötigt es Erfahrung im Payment-Umfeld, eine Chance/Risiken-Abwägung und eine geeignete Strategie. Gerne unterstützen wie Sie dabei mit unserer Fachexpertise und maßgeschneiderten Lösungsansätzen.
Dr. Carlos Nasher
Florian Friedl