Buy Now, Pay Later

Trending Topic im E-Commerce 2021

Kaum ein Bericht oder eine Studie zum E-Commerce-Markt kommt in 2021 ohne Erwähnung des Trendthemas des Jahres aus: Buy Now, Pay Later! Was zunächst klingt wie das jahrelang geübte Verhalten des deutschen Fernabsatzkunden (Ware bestellen – zu Hause ausprobieren – dann bezahlen), ist bei näherer Betrachtung tatsächlich ein spannender Business Case, verbunden mit attraktiven Umsatz- und Erlöspotenzialen.

Grundsätzlich beschreibt „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) die konsequente Weiterentwicklung des Ansatzes, den Einkaufsprozess so „seamless“ wie möglich zu gestalten. Online-Händler hatten stets einen großen Schmerzpunkt in der Customer Journey: Der Kunde hat seinen Online-Shop gefunden, Ware ausgewählt und in den Warenkorb gelegt – und im letzten Schritt geht der sicher geglaubte Umsatz verloren, weil der Bezahlprozess nicht vollständig abgeschlossen werden kann (3DS 1.0 lässt grüßen…) oder dem Kunden seine präferierte Bezahlart nicht zur Verfügung steht.

 

Buy Now, Pay Later für bequeme Bezahlprozesse

Mit dem Ziel, die Conversion zu optimieren und Kaufabbrüche zu vermeiden, wurde „Buy Now, Pay Later“ speziell für die Kundenbedürfnisse im E-Commerce entwickelt und damit der Bezahlprozess fast vollständig vom Kaufprozess getrennt. Während des Kaufprozesses auf der Website des Händlers wählt der Kunde nur noch die Bezahlmethode „Später zahlen“ aus. Die Eingabe von Credentials und anderen bezahlungsrelevanten Angaben erfolgt erst nachgelagert im „After-Shopping-Service-Prozess“.

Klarna und Afterpay waren die ersten Anbieter, die ansprechende BNPL-Lösungen entwickelt haben und sich damit im Markt etablieren konnten. Der Kunde kann über sein (meist mobiles) Frontend die Zahlungen im Nachgang zum Kaufprozess verwalten und mit seiner präferierten Zahlmethode (Lastschrift, Rechnung, Karte) begleichen. Der BNPL-Anbieter übernimmt die Abwicklung der Zahlung und im After Sales damit auch einen Teil der Kundenbetreuung.

Über die Ansprache des Kunden im eigenen Frontend erhält der BNPL-Anbieter wertvolle Informationen über die Präferenzen der Kunden und kann somit jederzeit personalisierte Angebote platzieren – sowohl eigene als auch Angebote von Händlerpartnern. Dadurch hat der Buy Now, Pay Later Anbieter die Chance, die Kundenbeziehung zu monetarisieren, aber ohne dass der Händler, der den BNPL-Service eingebunden hat, davon profitiert.

 

BNPL als Angriff auf die Issuer

Neben diesem Bruch, der zwischen dem Händler und dem Kunden entsteht, greift der BNPL-Anbieter auch die Kundenbeziehung zwischen Hausbank und Kunde an. Durch die Hoheit über den Bezahlprozess kann er dem Kunden in diesem Schritt attraktive Finanzierungsmodelle anbieten, z.B. die Begleichung des Kaufbetrags in mehreren Raten. Aus Kundensicht erhöht sich dadurch die Flexibilität deutlich, da er im BNPL-Prozess erst nach der Kaufentscheidung zwischen individuell zugeschnittenen Bezahlmethoden inkl. Finanzierungsoptionen auswählen kann. Gleichzeitig steigen die Erlöspotenziale für den BNPL-Anbieter durch die Finanzierungsangebote signifikant.

Die steigende Beliebtheit von BNPL bei E-Commerce-Kunden und der wachsende Erlöskuchen aus diesem Segment rufen eine Vielzahl von Anbietern auf, eigene Angebote zu platzieren – auch als Ersatz für zurückgehende transaktionsbasierte Geschäftsmodelle. So startet z.B. PayPal ein eigenes BNPL-Angebot, Amazon and Apple kooperieren mit dem Anbieter Affirm, und Square hat Afterpay übernommen. In Großbritannien planen die Anbieter Monzo und Revolut den Markteintritt mit eigenen Angeboten.

 

Buy Now, Pay Later in Deutschland

Laut Worldpay Global Payments Report 2021 ist Deutschland einer der größten europäischen Märkte für BNPL-Finanzierungen. Mit einem BNPL-Marktanteil bei E-Commerce-Transaktionen in Höhe von 19 % liegt Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt, übertroffen nur durch Schweden. Hingegen beträgt in UK, also in dem Markt, in dem Revolut und Monzo ihr Angebot mutmaßlich mit Priorität ausrollen werden, der Anteil der BNPL-Finanzierungen an allen E-Commerce-Transaktionen lediglich bei ca. 5 %. Der Grund hierfür ist die Präferenz für Rechnungskauf in Deutschland. Deutsche Käufer legen einen hohen Wert auf die Sicherheit und darauf, dass sie den Bezahlvorgang kontrollieren können. Sie wollen nur die Ware bezahlen, die sie auch behalten möchten.

Der deutsche Kunde weckt damit großes Interesse bei Buy Now, Pay Later Anbietern. Es stellt sich nun die Frage, wer neben den bestehenden Anbietern in das Rennen um die Positionierung von BNPL im Handel und beim Konsumenten einsteigen könnte, welche USPs die jeweiligen Angebote aufweisen und wer sich letztendlich bei der Verteilung der entstehenden Marktanteile durchsetzen kann.

 

Welche Anforderungen muss ein Buy Now, Pay Later Anbieter erfüllen?

Dazu muss zunächst zwischen Rechnungskauf und Ratenkauf unterschieden werden. Insbesondere bei Produkten mit hoher Affinität für einen Ratenkauf, z.B. höherwertigen Konsumgütern oder Reisen, erwartet der Kunde neben günstigen Konditionen auch eine hohe Flexibilität bei der Wahl der Raten. Zunehmende Beliebtheit hat dabei die Möglichkeit der nachträglichen Anpassung der Raten. Dies betrifft nicht nur die Verlängerung des Zeitrahmens bis zur vollständigen Bezahlung, sondern zunehmend auch eine Verkürzung.

Insbesondere die Vielzahl der mittleren und kleinen E-Commerce Händler ist nicht in der Lage, ein adäquates Risikomanagement für BNPL aufzusetzen. Um den Service-Level ihrer global tätigen Wettbewerber anbieten zu können, sind sie auf die Unterstützung durch externe Dienstleister angewiesen. Aber auch diese Anbieter stehen vor einigen Herausforderungen bei der erfolgreichen Positionierung ihrer BNPL-Lösung bei den angeschlossenen Händlern:

  • Erfüllung der regulatorischen Anforderungen für die Platzierung von BNPL-Angeboten (die britische FCA hat bereits angekündigt, die Regularien für BNPL-Angebote anzupassen)
  • Effizientes Risikomanagement des Anbieters
  • Erfolgreiche Positionierung des Angebots im Zahlungsmix des Händlers, u.a. angemessene Konditionen, passendes Angebot, passendes Service-Portfolio des Anbieters
  • Schlanke Kundenprozesse und angemessene UX in User-zentrierten Frontend-Applikationen
  • Einfache und kostengünstige Integration auf Händlerseite
  • End-2-End digitale und Realtime-Prozessabwicklung
  • Vollständig digitalisiertes Angebot

 

Erfolgreiche Positionierung eines BNPL-Angebotes

Zur Positionierung eines marktrelevanten Angebots ist es notwendig, dass sowohl die Händler als auch die Issuer das BNPL-Produkt unterstützen und ermöglichen. Für den Kunden stellt Buy Now, Pay Later einen signifikanten Mehrwert dar. Wenn dies in der Ansprache bestehender Kunden deutlich gemacht wird, können die Kosten der Kundengewinnung reduziert und die Reichweite beim Markteintritt signifikant erhöht werden.

Eine Verstärkung dieses Effekts kann erzielt werden, wenn die Finanzierungsangebote in bestehende Online-Banking-Lösungen der Hausbank integriert werden. Dies steigert nicht nur die Aufmerksamkeit auf Konsumentenseite, sondern senkt gleichermaßen die Hürden im Händlergeschäft, denn das Risikomanagement – und folglich die Übernahme aller Ausfallrisiken – liegt letztlich auf Bankenseite.

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