Digitaler Euro – EU-Bürger wünschen sich Anonymität, Sicherheit und einfaches Handling

Der digitale Euro wird als Basis für Innovationen und eine weitere Digitalisierung im Massenzahlungsverkehr gesehen

Ein digitaler Euro soll zuallererst personenbezogene Daten schützen. Weiterhin wird die Integration in die bestehende Zahlungsinfrastruktur als wesentliches Erfolgskriterium angesehen, um u.a. Sicherheit und eine ausreichende Nutzungsrate zu gewährleisten. Die große Mehrheit der Befragten sieht Intermediäre als Garant für die Einführung innovativer Services. Sie gewährleisten außerdem effiziente Abläufe und dienen als Schnittstelle zum Kunden. Wie könnte jedoch die Integration in das bestehende Bankensystem aussehen? Welche Rolle spielt Regulation beim digitalen Euro und wie könnte bzw. sollte ein digitaler Euro technisch ausgestaltet sein?

 

Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation hat die Europäische Zentralbank (EZB) Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, ihre Wünsche und Ideen zur Ausgestaltung des digitalen Euro einzubringen. Die EZB hat die Ergebnisse der Befragung am 14. April 2021 vorgestellt und nutzt diese für die Entscheidung zur Fortführung des Projektes sowie zur Ausgestaltung und Umsetzung des digitalen Euro selbst. Wir haben uns diese Wünsche und Vorschläge genauer angesehen und stellen die wesentlichen Kriterien für Finanzdienstleister vor.

 

„Ein digitaler Euro kann nur dann erfolgreich sein, wenn er die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger Europas erfüllt.“ Fabio Panetta, EZB-Mitglied

 

8.221 Teilnehmer an der „Public consultation on a digital Euro“

Mit über 8.000 Rückmeldungen hat die Konsultation zum digitalen Euro die bislang größte Rückmeldequote erreicht. EU Bürger – 94% Privatpersonen, 6% Experten aus der Zahlungsbranche – haben ihre Sicht zum digitalen Euro geäußert, basierend auf dem „Report on a digital Euro“, den die EZB am 2. Oktober 2020 veröffentlicht hat. Die Ergebnisse liefern der EZB interessante Aspekte zur Funktionalität des digitalen Euro sowie ein wertvolles Meinungsbild – auch wenn im Rahmen der Befragung nur ein eingeschränkter repräsentativer Schnitt durch die europäische Bevölkerung erzielt wurde (z.B. 87% männliche Beteiligung, 47% der Rückmeldungen stammen aus Deutschland).

Wichtig für die weitere Konzeption und technische Ausgestaltung des digitalen Euro ist für die EZB sicher die Erkenntnis, dass die Bürger nicht nur ihre Meinung geteilt und Vorschläge unterbreitet haben, sondern vor allem auch bereit sind, den digitalen Euro zu unterstützen, zu testen und mitzugestalten.

 

43% sagen „I want my payments to remain a private matter“

Die Anonymität, die Bürger an Bargeld schätzen, soll auch ein digitaler Euro bieten. Der Schutz der Privatsphäre hat höchste Priorität für die Befragten, die dafür auch auf individuelle Mehrwerte verzichten würden. Auf Ländersicht ist Anonymität insbesondere den deutschen Befragten sehr wichtig. Die EZB betont diesbezüglich, dass der digitale Euro den Datenschutz bei digitalen Zahlungen tatsächlich verbessern würde. Als öffentliche und unabhängige Institution habe sie kein Interesse an der Monetarisierung oder gar Sammlung von Daten.

Der Wunsch nach Datenschutz steht jedoch im Kontrast zu datenbasierten Geschäftsmodellen einzelner Unternehmen, die Dienstleistungen gegen Daten „tauschen“. Hier ist der Regulator gefordert, um den Wunsch nach Anonymität und Datenschutz mit der Notwendigkeit der Datenbereitstellung zusammenzuführen. Eine denkbare Lösung wäre, dass Nutzer individuell ihr präferiertes Leistungsniveau auswählen und damit ihre Privatsphäre selbst bestimmen können.

Die Befragten sehen aber durchaus die Notwendigkeit, dass der digitale Euro mit Merkmalen ausgestattet wird, die rechtswidrige Aktivitäten wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verhindern. Entsprechend sollten Transaktionen entweder für Intermediäre oder die Zentralbank sichtbar sein. Eine Möglichkeit wäre hier die Einführung von Grenzwerten, z.B. komplette Anonymität für risikoarme Transaktionen von Kleinbeträgen, oder einer Erstidentifizierung für Nutzer, die anschließend beliebige Transaktionen anonym ausführen können.

 

73% sehen „eine Rolle für Banken, Zahlungsdienstleister und andere Unternehmen als Schnittstelle zum Kunden“

Die Integration in bestehende Zahlungsinfrastrukturen wird von allen Beteiligten als besonders relevant angesehen. Dies ist insbesondere aus Expertensicht die zentrale Voraussetzung für die Einführung innovativer Lösungen und die Gewährleistung von Service-Effizienz. Weiterhin gilt es, Nutzer über Funktionalitäten zu informieren sowie den digitalen Euro zu bewerben und zu incentivieren. Banken, Zahlungsinstitutionen und anderen Intermediären kommt dabei als Schnittstelle zum Kunden eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Dienstleistungen zu. Dies wird als besonders kritisch angesehen, wenn es darum geht, den digitalen Euro in mobile Zahlungen, Online-Zahlungen und Bankdienstleistungen zu integrieren, auch die Integration am POS und ATM wird genannt.

Von Banken erwarten die Teilnehmer der Befragung insbesondere Innovations- und Effizienzimpulse, aber auch das Angebot personalisierter, nutzerfreundlicher und nahtloser Mehrwert-Services. Auch die Einhaltung der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsvorschriften sehen insbesondere die Experten als Aufgabe der Banken, ebenso wie das Onboarding der Nutzer inkl. Identifizierung und Authentifizierung.

Insgesamt können Banken und andere Finanzdienstleister aufgrund ihrer Erfahrung eine wichtige Rolle spielen, um die Standfestigkeit und Sicherheit des digitalen Euro im gesamten Ökosystem zu gewährleisten. Gefordert wird dabei die Aufsicht durch ein übergeordnetes Gremium.

Elementar sind einheitliche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer, egal ob es sich um Banken, Nicht-Banken oder PSP handelt. Für gleichen Service sollen damit dieselben Regeln gelten.

 

10% wünschen sich, dass ein digitaler Euro „Programmierbarkeit als zusätzliches Feature“ bietet

Ein digitaler Euro wird als Basis für weitere Innovationen sowie eine weitere Digitalisierung im Massenzahlungsverkehr gesehen. Auf die Frage, welche zusätzlichen Services Intermediäre anbieten könnten, schlagen 10% der Befragten die Programmierbarkeit von Zahlungen vor, gefolgt von Funktionalitäten wie Instant Payment oder Verwahr- bzw. Treuhanddiensten – analog zum aktuellen Bankenangebot.

Insbesondere die Zahlungsverkehrsexperten wünschen sich größere Unterstützung für Innovationen, z.B. die Unterstützung von Zahlungen über Digital Ledger Technology (DLT), Treuhanddienste im E-Commerce sowie innovative Lösungen im Machine-to-Machine Payment. Die Vorstellung ist, dass diese zusätzlichen Leistungen sich durch die Innovationskräfte des Marktes entwickeln. So könnte ein digitaler Euro als Plattform kreiert werden, auf dem der private Sektor innovative Lösungen entwickelt.

Gleichzeitig warnen die Fachleute jedoch vor zu vielen Zusatzleistungen, da eine zu hohe Komplexität die Einbeziehung aller Nutzer sowie die Usability gefährden könnte.

 

50% glauben, dass „Blockchain am besten geeignet ist, um Fälschungen und technische Fehler zu vermeiden“

Insgesamt stehen technische Lösungen in Form von Kryptowährungen sowie lizensierte Hard- und Software-Lösungen zur Überwachung von Intermediären und Nutzern gleichermaßen ganz oben auf der Wunschliste der Befragten. Regulation und Überwachung spielen in jedem Fall eine zentrale Rolle zur Gewährleistung reibungsloser Transaktionen – einige Befragte fordern sogar, dass alle Systeme, die von Intermediären genutzt werden, von der Zentralbank gestellt werden sollen.

 

33% schlagen vor, dass „ein digitaler Euro in die bestehende Zahlungsinfrastruktur integriert wird“

Die Integration des digitalen Euro sollte idealerweise über Banken und Zahlungsdienstleister in das bestehende Ökosystem erfolgen, wobei das Konto für den digitalen Euro von weiteren Beträgen (z.B. Giralgeld) separiert werden soll. 10% der Befragten sieht hier eine Chance für eine Open Source Lösung, um Innovationen bestmöglich zu fördern. Sicherheit, Adaptionsrate und Skalierbarkeit stehen bei den Befragten an erster Stelle.

Insbesondere Experten erwarten dabei, dass der digitale Euro in bestehende Banking- und Zahlungssysteme integriert wird. Als Integrationslösungen werden am häufigsten Mobile Payment und E-Commerce-Zahlungen, Bankdienstleistungen, und Online-Dienste genannt, sowie APIs, Wallets, QR Codes und/ oder Smart Devices. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Integration auch POS und Geldautomaten einschließen muss. Die Herausforderungen bestehen hier insbesondere im Bereich der sicheren Zahlungsabwicklung und Interoperabilität.

Die Mehrheit der Befragten betont, dass die Bereitstellung von nutzerorientierten Lösungen die wichtigste Voraussetzung für die Nutzung von Bargeld-ähnlichen Lösungen ist. Bevorzugt wird hier die Bereitstellung des digitalen Euro über die Hardware, insbesondere (Smart)Cards, oder als Komponente im Smartphone vor einer Software-Lösung wie z.B. Wallets oder Apps.

 

Über 50% fordern „maximale Haltebeträge des digitalen Euro“

Die Mehrheit der Befragten sieht die Notwendigkeit für die Beschränkung von Haltebeträgen oder gestaffelter Vergütung, um den Umlauf des digitalen Euro zu kontrollieren.

Bereits im März diesen Jahres hat die EZB festgestellt, dass sich die europäischen Haushalte trotz wachsender Kartenzahlungen mit mehr Bargeld bevorraten als vor der Corona-Krise. Es scheint bei den Bürgern ein Bedürfnis nach risikolosen Kapitalpuffern zu geben. Dieser Effekt könnte durch die Negativzinsen weiter befeuert werden. Neben Bargeld fließt mehr Kapital in Europa in die Immobilien- und Aktienmärkte. Die Auswirkungen der Einführung eines digitalen Euro als Haltemedium sind sowohl auf Bargeld als auch auf die Kapitalströme in Immobilien und Aktien zu beachten. Der digitale Euro könnte als Alternative zu Festgeld oder vergleichbaren nahezu risikolosen Anlageformen genutzt werden.

 

25% betonen „die Bedeutung von Geschwindigkeit bei Cross-Border-Zahlungen“ für den digitalen Euro

Die sofortige Abrechnung von internationalen Zahlungen, idealerweise in Echtzeit, spielt für die Befragten eine besonders große Rolle. Aber auch geringe Kosten und die Transparenz über Wechselkurse sind wichtige Mehrwerte, die der digitale Euro im internationalen Zahlungsverkehr leisten soll. Hierbei spielen nicht nur die Wechselkurse zu „realen“ Währungen eine Rolle. Vielmehr wird ein Erfolgsfaktor auch durch transparente Wechselkurse zwischen den staatlichen Kryptowährungen erreicht (z.B. zu geplanten Währungen wie dem Digitalen Yuan oder dem Digitalrubel).

Die Mehrheit der Befragten möchte die Nutzung des digitalen Euro nicht auf die Eurozone beschränken, vorausgesetzt, dass Sicherheit und Schutz gewährleistet sind.  Fachleute sehen durch die internationale Nutzung zudem die Chance, die Rolle des Euro als internationales Zahlungsmittel zu stärken.

 

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Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse der Konsultation wird die EZB in Kürze eine genauere Analyse veröffentlichen und voraussichtlich im Sommer 2021 nach der Zusammenkunft der Europäischen Zentralbanken eine Entscheidung treffen, ob sie in die nächste Projektphase zum digitalen Euro starten.

Wir werden die weiteren Entwicklungen und Veröffentlichungen der EZB rund um den digitalen Euro beobachten, so dass wir Sie bei der Anpassung und Entwicklung neuer Geschäftsmodelle unterstützen können.

 

 

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Quellen: Eurosystem report on the public consultation on a digital euro – April 2021, Rede von Fabio Panetta vor dem ECON-Ausschuss des Parlaments – 14. April 2021

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