Der digitale Euro im B2B-Bereich

Unternehmen hoffen auf schnelle Einführung eines programmierbaren digitalen Euro – die Grundvoraussetzung für Industrie 4.0?

Die Digitalisierung hat den Wettlauf um das digitale Zentralbankgeld voll entfacht. Der digitale Euro verspricht insbesondere im B2B-Bereich neue Use Cases und Geschäftsmodelle. Immer mehr Staaten arbeiten an neuen Währungskonzepten. Einige haben sogar bereits digitale Währungen auf den Markt gebracht: im Herbst 2020 führten die Bahamas den sogenannten Sand-Dollar ein. Dieser steht mittlerweile allen 390,000 Einwohnern der 700 Karibik-Inseln zur Verfügung und muss von allen Einzelhändlern akzeptiert werden. Damit sind die Bahamas der erste Staat der Welt mit einer landesweit eingeführten digitalen Währung. Aber auch China steht kurz vor der Einführung eines digitalen Yuans, nachdem sich bereits mehr als 40 Millionen Chinesen an Pilotprojekten beteiligt haben.

Im Vergleich dazu steht die Europäische Union noch am Anfang. Zwar hat die EZB 2019 angekündigt, erste Konzepte für den digitalen Euro zu prüfen, um zusätzlich zum Bargeld ein digitales, gesetzliches Zahlungsmittel für den Euroraum zu schaffen. Aber eine endgültige Entscheidung über den Start des Projekts „Digitaler Euro“ soll erst Mitte 2021 getroffen werden. Damit bleibt die großflächige Einführung einer EU-Zentralbankwährung in den nächsten fünf Jahren eher unwahrscheinlich.

Diese Entwicklung ist problematisch, da die meisten Experten davon ausgehen, dass First Mover schnell eine Vormachtstellung im Markt erhalten werden. Europa könnte im Bereich Zahlungsverkehr schnell in Abhängigkeiten von agileren Wettbewerbern geraten.

Insbesondere die europäische Industrie fordert deshalb die schnellere Einführung eines digitalen Euro. Er würde Unternehmen die Einführung neuer Geschäftsmodelle ermöglichen und deren Kosten reduzieren. Dabei ist die Ausgestaltung der digitalen Zentralbankwährung entscheidend für den Erfolg.

 

Warum ist die Einführung eines programmierbaren Euro für die europäische Industrie wichtig?

DLT-/Blockchain-basiertes Geld ermöglicht die Nutzung von Euro-notierten Smart Contracts im B2B-Bereich, die die Automatisierung der Geschäftsprozesse radikal verbessern. Smart Contracts statten Geräte mit einem Computerchip und damit auch mit eigenem Geldbeutel (Wallet) aus. Damit können Zahlungen empfangen, Geld überwiesen und Rechnungen initiiert werden.

Bereits heute sind viele Geschäftsvorgänge automatisiert. Gegenwärtig ist jedoch für die Ausführung von Zahlungen noch eine explizite Freigabe des Zahlers (physischer Vertragspartner) notwendig. Der digitale Euro erlaubt dagegen auch das Programmieren von Geldflüssen und somit eine Integration von Lieferprozessen und Zahlungsvorgängen im B2B-Bereich. Die dem Smart Contract zugrundeliegende Logik erlaubt es unter der Vorausgabe bestimmter zuvor programmierter Bedingungen Zahlungen ohne jede Ausführungshandlung auszulösen.

Die Auswirkungen eines digitalen Euro sind insbesondere im Kontext der Industrie 4.0 für den B2B-Bereich besonders vielversprechend. Europäische Unternehmen könnten mithilfe von IoT-Geräten die heutigen Geschäftsvorgänge voll automatisieren und Dienstleistungen auf einer Pay-per-Use-Basis anbieten. Mit dem digitalen Euro wäre es möglich, automatisierte Zahlungen auch von Cent-Beträgen abzuwickeln.

Darüber hinaus würde der programmierbare digitale Euro schnelle, grenzüberschreitende Geldtransfers zu geringeren Kosten ermöglichen, was insbesondere für Deutschland als Exportnation zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit essenziell ist.

 

Welche neuen Use Cases verspricht der programmierbare digitale Euro im B2B-Bereich?

  • Die interessantesten Use Cases ergeben sich aus Automatisierungsmöglichkeiten im Rahmen des IoT und von Machine-to-Machine-Zahlungen. Erhält z.B. ein Unternehmen eine Ware, kann diese durch Sensoren auf ihre Qualität geprüft werden. Bei einer positiven Bewertung kann eine Zahlung an den Verkäufer automatisch ausgelöst werden. Dadurch wird der gesamte Geschäftsvorgang, inklusive Prüfung, Abrechnung und Zahlungsabwicklung vollumfänglich digitalisiert und damit wesentlich vereinfacht. Dies ist insbesondere für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in den Bereichen Fertigung, Mobilität und Logistik unerlässlich.
  • Währungs-Digitalisierung würde zusätzlich breite Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Pay-per-Use Geschäftsmodelle bieten. So könnten z.B. große Industrieunternehmen den KMUs ihre Maschinen auf der Basis von „Delivery-for-Consumption“ zur Verfügung stellen. Gleiches gilt für Hersteller teurer medizinischer Geräte, die diese an Kliniken ausleihen und auf Basis von Nutzungsdaten bepreisen könnten. In diesem Fall würde die Nutzung automatisch bemessen und Zahlungen mithilfe von Smart Contracts in Echtzeit ausgelöst werden. Leistungen wie Pricing, Metering, Zahlung, Billing und Accounting laufen in diesem Rahmen völlig automatisiert ab.
  • Die komplizierte und teure Abwicklung der Micropayments steht der Verbreitung solcher Modelle allerdings aktuell noch im Wege. Beträge unter einem Euro müssen erst gesammelt und im Nachgang gebündelt überwiesen werden. Mit einem programmierbaren Euro wäre eine Echtzeit-Zahlungsabwicklung selbst von Kleinstbeiträgen möglich und damit auch kosteneffizienter.
  • Programmierbare Währungen würden darüber hinaus neue Impulse für den internationalen Handel setzen. Während eine Lieferung aus dem Ausland binnen weniger Tage in Deutschland eintrifft, kann eine grenzüberschreitende Zahlung aktuell bis zu 10 Tagen dauern. Bei Nutzung von DLT-Systemen zwischen unterschiedlichen Währungsräumen könnten derartige Abwicklungen schnell und zu einem Bruchteil der bisherigen Transaktionskosten stattfinden.
  • Auch die steigende Relevanz von IoT-basierten Anwendungen erfordert Lösungen für effiziente, automatisierte und autonome Zahlungsabwicklung.

 

Wir beobachten auch weiterhin die neuesten Entwicklungen rund um den digitalen Euro, um unseren Kunden die bestmögliche Unterstützung bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bieten zu können.

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Quellen: FinTechRat beim Bundesministerium der Finanzen 2020, C. Damm für businessinsider.de 2021, bitcom 2020

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